Strecke Palma - Inca - Empalme

Im Gegensatz zur Bahnlinie nach Sóller dient diese Strecke vor allem Einheimischen für ihre Anbindung an die Hauptstadt. Nostalgie und idyllische Landschaft findet man weniger, dafür aber ein ursprüngliches Mallorca.
Straße Eusebio Estades, Palma de Mallorca. Wer Bahnhöfe liebt, wird hier gleich doppelt fündig: Der alte Bahnhof der elektrifizierten nostalgischen Ferrocarril de Sóller ist unschwer zu erkennen; schräg gegenüber, unter den alten Empfangsgebäuden, befindet sich der moderne unterirdische Hauptbahnhof Mallorcas, von dem aus die Metro zur Universität sowie die neuen elektrischen Züge der „Serveis Ferroviaris de Mallorca SFM“ in Richtung Inca/Empalme (mit Anschluss nach Sao Pobla und Manacor) fahren. Auch diese Fahrt mit modernen Triebwagen hat ihren ganz besonderen Reiz: die Faszination des Inselinneren abseits zu erfahren - entlang des Tramuntana-Gebirges, dem ständigen Begleiter auf dieser Reise.

Hat der Zug das unterirdische Gleisgewirr hinter sich gelassen und die Oberfläche erreicht, kommen im Stadtrandgebiet bald die Brücken der Autobahn Palma – Inca in Sicht, welche die Gleisanlage ausladend überspannen. Jetzt kann man linker Hand in der Ferne bereits einige Gipfel des beeindruckenden Tramuntana-Gebirges erspähen, das sich von Südwesten nach Nordosten erstreckt. Der Gleisverlauf ist auf dieser Strecke relativ gerade; der Zug unterquert noch mehrere Brücken und Straßenschranken, bis er kurz vor dem ersten Haltepunkt Verge de Lluc rechts das moderne Depot der SFM mit langgestreckten Hallen und Gleisanlagen erspähen kann. Auf dem Streckenabschnitt bis zum nächsten Halt, dem Bahnhof Pont d’Inca, kreuzt der Zug kleinere Nebenstraßen, fährt jedoch im Grunde parallel der Hauptstraße. Die Wartehäuschen des Bahnhofes in Pont d’Inca ähneln den anderen dieser Strecke: Sie wurden neben den alten Bahnhofsgebäuden entlang der nachträglich erhöhten Bahnsteige aus Beton errichtet und mit demselben gelb-grünen quadratischen Fliesenmuster geschmückt. Dagegen erscheinen die alten steinernen Bahnhofsfassaden fast herrschaftlich, auch wenn diese mitunter renovierungsbedürftig sind. Neben dem eigentlichen Hauptgebäude findet sich in Pont d’Inca ein langgestreckter alter weißer Seitenbau mit grüngestrichenen Fensterläden, dessen Außenmauern in einem kleinen Abschnitt bereits eingefallen sind.


Zug Palma
Im Hintergrund das Tramunta-Gebirge: Elektrischer Triebwagenzug an der neu erbauten Station Festival Park 

Nach Verlassen des Bahnhofes, vorbei an einem Wohnbau, dessen halbkreisförmige Architektur an einen Lokschuppen erinnert, zwei Straßenkreuzungen und einer rechter Hand gelegenen Brauerei, nimmt der Zug mehr Geschwindigkeit auf. Er passiert zwei Brücken, lässt die Straßen unter und an sich vorbeiziehen, so wie auch eine alte Mühle und eine Kasernenanlage auf der rechten Seite. Unschwer erkennt man nun beidseits Neubauwohnsiedlungen und Industriebauten. Der Triebwagen passiert eine Straßenkreuzung sowie die Auffahrt zur Schnellstraße und rattert vorbei an signalhaft rot-weiß gestrichenen Hochspannungsmasten, die die Landschaft durchziehen, um sich in einer langgestreckten Linkskurve dem Bahnhof in Marratxi zu nähern. Seit Abfahrt in Palma sind jetzt knapp zehn Minuten vergangen. Abgesehen von den gewohnten Betonunterständen zeugt dieser Bahnhof noch von einstigem Stolz und von der Liebe zum Detail! Das aus weißem Stein erbaute Hauptgebäude wurde renoviert, die Fenster sind mit dezenter gelber Farbe umrahmt und eine große Aleppo-Kiefer spendet Schatten für wartende Fahrgäste. Schräg gegenüber liegt der alte, noch gut erhaltene Lagerschuppen. Der Zug setzt seine Fahrt durch ein sich anschließendes moderneres Wohn- und Villengebiet fort. Teils sind die Gleise hier abgesenkt, der Blick des Reisenden bleibt an hoch errichteten Steinwällen hängen. Kurz darauf findet man sich auf einem erhöhten Bahndamm wieder und bemerkt gerade noch, wie der Zug eine kleine Brücke über ein Bachbett passiert. Nicht so leicht zu übersehen ist die nun ins Bild rückende Autobahn-Schnellstraße mit ihren Zubringern bzw. Auffahrten und den Hinweisschildern Port d’Alcùdia. Beim Blick nach links aus dem Zugfenster erscheinen die Berge nun fast greifbar nahe und die Umgebung hat ländlichen Charakter angenommen.

Die Landschaft selbst formt sich zu einer dieser endlos erscheinenden Ebenen Zentral-Mallorcas mit ihrem rostroten Boden und unzähligen Baumreihen. Mancher Blick bleibt an einem linksseitig auf einer leichten Anhöhe gelegenen, festungsähnlichem Landgut hängen, einer Finca. Gleich darauf überquert die Bahn auf erhöhtem Bahndamm einen kleinen Bachlauf, welcher ein winziges Tal durchzieht. Nach schier unendlichen Reihen von Oliven-, Johannisbrot-, Feigen- und Mandelbäumen sticht hier ein plötzlicher Wechsel hin zum Weinanbau ins Auge. Kurz vor Einfahrt in den Bahnhof von Santa Maria erblickt man links erneut eine dieser wunderschönen alten Fincas. Der Zug beschreibt nun eine Rechtskurve und passiert zwei Straßenübergänge, vor deren rot-weißen Schranken Autos warten. Das sandfarbene Bahnhofsgebäude von Santa Maria del Cami gleicht in seiner Steinbauweise mit der steineren Stationstafel über dem Eingang den anderen auf dieser Strecke. Dem Gebäude wurde seitlich eine mit matt-grauen Metallträgern gestützte moderne Überdachung vorgelagert, welche sich harmonisch mit der alten Architektur verbindet.

Nach einer Minute setzt sich der Zug wieder langsam in Bewegung, lässt einen Altbaukomplex auf der rechten Seite hinter sich und überquert gleich im Anschluss an das Bahnsteigende die Dorfstraße, deren Verkehr im wahrsten Sinne in seine Schranken verwiesen wird, sobald der Zug naht. Blickt man nach rechts, so sieht man noch auf das Dorf Santa Maria selbst, mit seiner Kirche und einer Mühle sowie einer alten, mit steinernen Zinnen verzierten Brücke. Auf der linken Seite blickt man auf Scheunen und Gebäude eines alten Landwirtschaftsgutes, inklusive verfallener Mühle beziehungsweise Wasserverteiler; rechts erahnt man die Trasse der alten, 1968 stillgelegten Strecke nach Felanitx, die hier abzweigte.

Die Bahnstrecke wird im Verlauf auf beiden Seiten von Feldern und Bäumen flankiert, der Erdton ist hier eher rötlich-beige. Links sind mittlerweile die Berge näher gerückt, der Zug überquert kleine Feldwege, teils sogar mit Schranken geregelt und rattert vorbei an einem fernab erhöht gelegenen herrschaftlichen Castell, dem Castell d’Alarò. Rechter Hand erkennt man bereits die ersten Häuser und den einfachen rechteckigen Kirchturm des Dörfchens Alarò y Consell (oder auch Consell Alarò). Auch dessen Bahnhofsgebäude wurde in den 90-er-Jahren des letzten Jahrhunderts renoviert. Der Zug zieht weiter an einer Fläche mit Kiesabbau vorbei.

Der Kirchturm von Binissalem, dem nächsten Halt, ist architektonisch sehr auffällig, dabei viel graziler als der in Alarò y Consell und durch seine etwas erhöhte Lage von weitem sichtbar. In Binissalem existiert ein kleiner verfallener Lagerschuppen. Auch hier kreuzt die Dorfstraße gleich nach Bahnsteig­ende die Gleise, wobei beiderseits auch noch ein Restaurant und ein Steinmetzbetrieb an die Gleise heranrücken.

Nach ein bis zwei Kilometern sieht man rechts eine imposante Fabrikanlage als Hinweis der hier angesiedelten Industrien, bekannt durch ihre Lederwaren-, Stoff- und Keramikherstellung. Die Bahnstrecke führt hier parallel zu einer durch eine Steinmauer begrenzten Straße. Dann legt sich der Ferrocarril in eine leichte Linkskurve und unterquert noch eine kleine Brücke, bevor er über den tiefgelegten, von Bäumen und Palmen gesäumten Bahndamm in Lloseta einfährt. Dies ist der letzte Halt vor Ankunft in Inca. Der kleine Bahnhof mit seinem winzigen seitlichen Vorplatz liegt linker Hand. Der Zug setzt seinen Weg zwischen Steinmauern hindurch fort. Er beschreibt dabei eine weitläufige Rechtskurve und setzt schließlich entlang einer steinernen Mauer in den Ausläufern des Stadtgebietes von Inca zum Bremsen an. Unter der modernen Gleisüberdachung des Bahnhofs von Inca, dem langjährigen Endpunkt der Strecke, kommt der Triebwagen zum Stehen.

Der Prellbock, der bis 2000 die Fahrt über das Bahnhofsgelände von Inca hinaus verhinderte, wich zur  Jahrtausendwende: seit dem 6. Januar 2001 geht es auf der alten Trasse, allerdings mit neuem Gleiskörper und Bahndamm, weiter nach Empalme – seit 2009 zweigleisig, seit 2012 sogar elektrisch. Die Strecke überquert die Hauptstraße nach Alcúdia, führt aus Inca heraus, unterquert die Straße Inca – Sineu und zieht sich recht gerade bis zum Abzweigebahnhof Empalme.

Dort, wo sich die Strecken nach Sa Pobla und Manacor trennen, endete bisher die Elektrifizierung: Bisher war Umsteigen in die dieselelektrischen Triebwagen angesagt. Am 29. Oktober 2018 begann dann der elektrische Betrieb zunächst nach Sa Pobla, und noch im Laufe der folgenden Monate soll der Fahrdraht auch bis Manacor unter Strom sehen, was auch dorthin zu umsteigefreien Verbindungen und etwas Zeitgewinn führen soll.

(Text von Wolfgang Heitzmann; Mitarbeit Klaus-J. Vetter)
Letzte Aktualisierung 28.10.2018

elektrischer Triebwagen Empalme Enllac
Elektrischer Triebzug, von Palma kommend, kurz vor Erreichen des vorläufigen elektrischen Endpunktes Empalme (Enllac)

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